Samstag, 29. November 2008

29.11.2008: Bilder des Tages


Vorgestern, am 27. November, wurde in Russland der "Tag der Marineinfanterie" begangen. Fast hätte ich es vergessen, aber RIA Novosti hat dankenswerterweise mit einer Bilderreihe daran erinnert. Dann also nachträglich: S prazdnikom! ;-)
Der Tag erinnert übrigens an den im November 1705 von Peter I. unterzeichneten Aufstellungserlaß für die erste, aus Seesoldaten bestehende Einheit. Kurz zuvor hatte er sich im Großen Nordischen Krieg den Zugang zur Ostsee freigekämpft und mit dem Aufbau einer Marine begonnen.





Freitag, 28. November 2008

Nationalcharakter?

Vorab: Ich habe lange überlegt, ob ich zu diesem Thema etwas schreiben sollte, denke aber, daß man nicht jeden Unsinn unkommentiert stehen lassen sollte.

Ed Friedman, Mitherausgeber des NRA-Blattes "Shooting Illustrated" hat in seinem Blog einen Artikel über das Verhältnis von Waffen zum jeweiligen, freilich diffus bleibenden "Nationalcharakter" des Herstellerlandes publiziert, den man fast schon als "typisch amerikanisch" bezeichnen kann: arrogant, überheblich, dumm. Das ganze wäre keinerlei Aufregung wert, wenn es sich beim Autor um einen einfältigen Hinterwäldler handeln würde und nicht um einen auf Seriösität bedachten Journalisten und Public Policy-Experten.

Zwei Beispiele:
"The Mosin-Nagant family of rifles are sturdy, ugly guns. Have you ever tried to work the safety on a Mosin? If so, why? It is perhaps the most useless device ever put on a firearm, but it is in keeping with the Russian tradition of not caring about the lives of Russian/Soviet soldiers. The gun works well and is quite accurate. It killed many fascists, so who cares if some comrades died because the safety is utterly worthless?"
Da hat Friedman wohl vergessen, wie viel Schaden amerikanische Soldaten schon mit Friendly Fire aus ihren "überlegenen" Waffen angerichtet haben.
"The FAMAS is a sleek-looking gun with poor grip texture, allowing it to be dropped with ease. This is a very important consideration for the French military."
Das ist geradezu bösartig (wir Deutschen kommen dagegen vergleichsweise harmlos weg). Immerhin haben es die Franzosen (im Gegensatz zu den USA) in den letzten Jahren meist geschafft, ihre militärischen Operationen einigermaßen zu begrenzen und deshalb auch erfolgreich abzuschließen - man denke beispielsweise nur an die Aktionen gegen Piraten am Horn von Afrika im April 2008 -, während sich die USA in ideologisierten "Kreuzzügen" mit nur noch geringen Erfolgsaussichten festgefahren haben. (In Afghanistan besteht jetzt die letzte Hoffnung in einem "akzeptablen Diktator".) Die politische Klasse Frankreichs verfügt eben über eine staatspolitische Klugheit, die vielen US-Rabauken abgeht.

Was sagt uns das nun über wessen Nationalcharakter?

Donnerstag, 27. November 2008

Gabriele Krone-Schmalz

Gestern hat mich eine Kollegin gefragt, welches der in den letzten anderthalb Jahren erschienen Russlandbücher ich ihr empfehlen könnte. Die Antwort ist mir nicht schwergefallen und lautete: Gabriele Krone-Schmalz: "Was passiert in Russland?". Die Autorin hat zwei große Vorteile, die sie von den meisten anderen unterscheiden: langjährige Rußlanderfahrung, die nicht nur zu viel Wissen, sondern auch zu einem besonderen Gespür für die dortigen Verhältnisse geführt hat, verbunden mit persönlicher Unabhängigkeit. Letzteres dürfte ausschlaggebend sein: sie ist nicht an die Meinung eines Verlages, einer Redaktion oder eines politischen Akteurs gebunden.
Wie restriktiv eine solche Bindung sein kann, merkt man an Alexander Rahrs Buch "Russland gibt Gas - Die Rückkehr einer Weltmacht". Während Rahr in seinen Artikeln und Interviews (dankenswerterweise) meist Klartext redet, ist im genannten Buch vieles nur verklausuliert wiedergegeben, verbunden mit elend langen Anbiederungen an den Mainstream. Aber was sollte er anders machen? Schließlich bezieht er sein Gehalt von einer staatsnahen Stelle.
Daher also Krone-Schmalz. Dort kann der deutsche Leser in die Parallelwelt des heutigen Russland eintauchen, die ihm von den meisten deutschen Medien mit ihrer Fixierung auf Sex & Crime bzw. Wodka & Putin vorenthalten wird.

Mittwoch, 26. November 2008

Dienstag, 25. November 2008

Zwei sowjetische Frontfotografen ...

... des zweiten Weltkriegs wurden in den letzten Jahren dem deutschen Publikum mit Ausstellungen in Berlin vorgestellt. Die dazugehörenden Kataloge sind auch für den an der sowjetischen (Militär-)Geschichte Interessierten von Belang, sind sie doch eine gute Ergänzung zu jenen (nicht nur deutschen) Bildbänden, die nahezu ausschließlich auf Fotos der Propagandakompanien zurückgreifen, um das Bild der Ostfront zu zeichnen.

In diesem Jahr fand im Martin-Gropius-Bau die Retrospektive "Der bedeutende Augenblick" statt, in der Bilder des Fotografen Jewgeni Chaldej gezeigt wurden. Chaldej, der während des Krieges im Auftrag der Nachrichtenagentur TASS arbeitete, hat nicht nur das berühmte Bild von der Flaggenhissung auf dem Berliner Reichstag aufgenommen, sondern auch zahlreiche Bilder auf anderen Kriegsschauplätzen. So etwa vom Kampf in den Gegenden um Murmansk und Sewastopol, wo er - soweit es im Rahmen seines Propagandaauftrags möglich war - das Leben der einfachen Soldaten dokumentiert hat. Wer nach Bildern der sowjetischen Marineinfanterie während des 2. WK sucht, wird hier fündig. Für viele Deutsche dürften ferner die Fotos aus dem Berlin des Mai 1945 von Interesse sein.

Das Besondere am Begleitband zu einer Ausstellung ist die darin eröffnete Möglichkeit zur kritischen Diskussion, etwa um die Inszenierung der berühmten Flaggenhissung auf dem Reichstag oder die in der sowjetischen Propaganda übliche Praxis der Fotomontage. Es wirft ein bezeichnendes Licht auf die Psyche des Sowjetmenschen während der Stalinzeit, wenn Chaldej darauf hinweist, daß ihm ein Pilot geschrieben habe, er erinnere sich noch an das Bombardement des Reichstags und auch an die Position seines Flugzeugs. Dumm nur, daß die Flugzeuge in dieses Bild des brennenden Reichstags hineinmontiert worden waren (vgl. S. 82 ff.). ;-)





Auch Michail Trachman war als Fotograf in offiziellem Auftrag tätig, wobei er im deutschsprachigen Raum weniger durch seine Kriegsbilder als vielmehr durch seine spätere Mitarbeit am Filmepos "Befreiung" bekannt geworden ist. Im Jahr 2002 hat das Deutsch-russische Museum Berlin-Karlshorst einen Teil seiner Fotografien aus den Jahren 1941 bis 1945 ausgestellt. Die Überschrift "Diesseits - jenseits der Front" war bezeichnend, hatte Trachman doch längere Zeit bei den hinter den deutschen Linien operierenden Partisanenverbänden im Westen der UdSSR verbracht. Dementsprechend lag der Schwerpunkt von Ausstellung und Begleitband auf Bildern aus dem deutschen Hinterland. Und so kann man dort z.B. Partisaneneinheiten sehen, die fast komplett mit deutschen Waffen ausgestattet sind. Trachman zeigt nicht nur die heroischen Augenblicke, sondern auch den Alltag dieser Kämpfer. Neu war für mich, welche Größe diese Verbände bereits 1942/43 angenommen hatten. Hinzu kommen noch Bilder von der Verteidigung Leningrads in den ersten Monaten des Krieges.

Der sowjetische Partisanenkrieg ist nach wie vor Gegenstand nicht nur geschichtswissenschaftlicher Kontroversen. Deshalb ist es erfreulich, daß dieses Thema auch in einem Aufsatz des (übrigens zweisprachigen) Begleitbandes aufgegriffen worden ist. Man kann heute mit Sicherheit davon ausgehen, daß die zu Sowjetzeiten gemachten Angaben über Stärke und Wirksamkeit der Partisanen erheblich übertrieben waren. Auf der anderen Seite ist es gleichfalls eine Verzeichnung der Geschichte, wenn neuerdings behauptet wird, es habe überhaupt keine nennenswerten Partisanenaktivitäten gegeben, weshalb der Wehrmachtsbegriff "Bandenkampf" nur ein Euphemismus für die Judenvernichtung gewesen sei.




Fazit: Beide Bücher bieten nicht nur eine gute Auswahl an Bildern der jeweiligen Fotogafen, sie ermöglichen mit ihren ergänzenden Texten zudem einen kritischen Blick auf die Bilder.

PS: Auf dieser Webseite sind neben Bildern Chaldejs und Trachmans auch die anderer sowjetischer Fotografen aus der Kriegszeit zu sehen.

Samstag, 22. November 2008

Kholodnoe Oruzhie - Kalte Waffen


Холодное оружие - kalte Waffen: Damit werben mehrere russische Messerhersteller für ihre Produkte. So beispielsweise die Fa. Kizlyar, beheimatet im nordkaukasischen Dagestan, die man in Deutschland nicht mehr groß vorstellen muß. Schließlich verfügt sie über einen regen Importeur und ihre Produkte sind auch im Messerforum schon hinreichend erörtert worden.



Etwas weniger bekannt ist da schon das Moskauer Unternehmen NOKS. Deren aktuelles Messerangebot ist zwar nicht klein, sagt mir persönlich allerdings nicht besonders zu. (Was vielleicht auch eine Folge des russischen Waffenrechts ist, wonach "Kampfmesser" erlaubnispflichtig sind.) In den 1990er Jahren hatte NOKS hingegen ein paar sehr schöne Modelle der Smersh-Reihe im Angebot - und auch einen deutschen Importeur. Außerdem scheint es Qualitätsprobleme zu geben. :-(



Bei meinen Recherchen für den letzten Filmbeitrag bin ich auf einen mir bisher unbekannten Hersteller gestoßen: die Firma AiR (dt.: A & R) aus Zlatoust (eine der russischen Waffenstädte). Deren Messerangebot (siehe u.a. hier, hier, hier und hier) ist sehr umfangreich und umfaßt zahlreiche interessante Modelle. Deshalb überrascht es nicht, daß sich auch russische Messersammler ihrer annehmen.
Da gibt es z.B. Nachbauten des Standardmessers der sowjetischen Aufklärer während des zweiten Weltkriegs - das Nozh Razvedchika (dt.: Aufklärermesser) NR-40 (quasi das sowjetische Gegenstück zum Fairbairn-Sykes-Dolch - in vielen WK-2-Filmen zu sehen) - die es, waffenrechtlich bedingt, in zwei Varianten gibt: zum einen als erlaubnisfreies Messer Shtrafbat (dt.: Strafbataillon; vgl. hier und hier), zum anderen als "ausgewachsenes" Modell unter dem Namen Razvedbat (dt.: Aufklärungsbataillon; vgl. hier).



Ich würde ja ein Exemplar des Razvedbat nehmen. Bei russischen Ladenpreisen von 2300 bis 3500 Rubel (umgerechnet ca. 68 bis 103 Euro, je nach Klingen- und Griffmaterial) kann man da, denke ich, nichts verkehrt machen. Ich habe schon schlechter verarbeitete Messer gesehen, die überdies auch noch teurer waren.
In Deutschland werden, wie ich gerade gesehen habe, einige AiR-Messer von Böker vertrieben - allerdings zu unverschämten Wucherpreisen (z.T. über 100 % teurer als in der RF), die man auch nicht mit den Kosten für den Export begründen kann. Dort scheint jemand sein faktisches Monopol schamlos auszunutzen. Da aber die Option des Selbstkaufs vor Ort aus rechtlichen Gründen entfällt, werde ich wohl in den sauren Apfel beißen müssen ...



(Die (sehr schönen) Bilder stammen alle von AiR/AiK.)

Freitag, 21. November 2008

Der zweite Weltkrieg im Film

Der zweite Weltkrieg, in der frühren Sowjetunion auch als Großer vaterländischer Krieg tituliert, ist dort seit Jahrzehnten ein beliebtes Thema für Spielfilme und Fernsehserien. Während diese zu Sowjetzeiten meist ideologisch aufgeladen waren und die Leiden und die Opferbereitschaft der Sowjetmenschen sowie die Führungsrolle der Kommunistischen Partei darzustellen hatten, ist dieser weltanschauliche Ballast seit Ende der 1980er Jahre Vergangenheit. Glücklicherweise, möchte man meinen: Glück für den Zuschauer, dem langatmige und schwermütige Epen erspart bleiben, aber auch Glück für die Filmemacher, können sie doch nun die komplexe Geschichte des 2. WK aufgreifen und spannungsreich und unterhaltsam verarbeiten.
Einige dieser Filme, die während der letzten Jahre entstanden sind und im Hinblick auf den Unterhaltungswert ihren Konkurrenten amerikanischer Provenienz kaum nachstehen, sollen jetzt kurz vorgestellt werden.


Ein Film, der für heftige öffentliche Debatten gesorgt hat, war die elfteilige Serie Shtrafbat (dt.: Strafbataillon; vgl. hier, hier und hier). Den einen erschien sie als "nationalistisches Machwerk", welches die Schrecken der Stalin-Ära verharmlose, den anderen hingegen als eine Ausgeburt des "Hasses auf die Armee und auf unsere [ruhmreiche] Vergangenheit insgesamt". Wenn ein Film derart unterschiedliche Bewertungen hervorruft, so kann er eigentlich nicht schlecht sein. ;-) Und es ist einer der wenigen zeitgenössischen Filme aus Rußland, die auch in Deutschland zur Kenntnis genommen worden sind.
In der Serie wird die Geschichte eines der zahlreichen sowjetischen Strafbataillone erzählt, die mangelhaft ausgerüstet und bewaffnet sowie von mißtrauischen NKWD-Offizieren geführt, als Kanonenfutter in das Feuer der deutschen Truppen geworfen wurden. Das Thema der "Kugeln aus zwei Richtungen" wurde mittlerweile auch von anderen Filmen aufgegriffen (z.B. Den Pobedy, Poslednij boj Majora Pugacheva).
(Die Filmmusik mit dem Titel "Kombat" stammt von Ljube. Und einige Episoden sind auch online greifbar.)





Ähnlich kritisch mit der eigenen Geschichte geht die vierteilige Fernsehserie Leningrad (vgl. hier, hier und hier) um. Gedreht im Jahr 2007 und mit internationaler Starbesetzung (z.B. Armin Mueller-Stahl) versehen, wird eine kleine Geschichte in der großen erzählt:
Nach Beginn der Blockade Leningrads trifft eine britische Korrespondentin zufällig auf eine junge Polizeibeamtin, die ihr unerlaubterweise Unterschlupf gewährt und beim Überleben während der nächsten Jahre hilft. Dabei wird immer wieder die Verbindung zwischen den Einzelschicksalen und der allgemeinen Entwicklung hergestellt. So wird im ersten Teil gezeigt, wie hastig aus den Betrieben rekrutierte Arbeitereinheiten ohne Waffen ins Gefecht geworfen und mit Revolverschüssen der NKWD-Offiziere nach vorne getrieben werden. Auch wird nicht an der Darstellung des harten Alltagslebens gespart: Hunger, Schwarzmarkt, Korruption, Amtsmißbrauch. Schließlich erscheinen die Deutschen im Film nicht als die seelenlosen Kampfmaschinen und Herrenmenschen, wie sie in sowjetischen Filmen oft dargestellt wurden. Dazu kommen freilich genug spannende Episoden, welche die Serie wirklich sehenswert machen.
Damit unterscheidet sich "Leningrad" - m.E. wohltuend - von dem in den 1970er Jahren gedrehten Klassiker Blokada (dt.: Blockade), einem selbst für sowjetische Verhältnisse extrem pathosgeschwängerten Streifen.





Eine weitere, in Leningrad (heute wieder St. Petersburg) spielende TV-Serie ist Alka (4 Teile; vgl. hier, hier und hier). Held des Films ist eine junge Musikstudentin, die sich nach Kriegsbeginn mehr aus Abenteuerlust denn aus Kriegsbegeisterung als Krankenschwester an die Front meldet, sich nach einer Verwundung aber in eine Aufklärungseinheit der Marineinfanterie versetzen läßt. Dort wird das zierliche Mädchen zur selbstbewußten Kämpferin, die sich in dieser von Männern dominierten Welt behaupten kann. Als der Krieg allerdings zu Ende geht, muß sie feststellen, daß sie ihren Traum von einer Künstlerkarriere wohl begraben muß ...
Im Film ist neben der berühmten Maschinenpistole PPSh-41 auch das weniger bekannte Selbstladegewehr SVT-40 - seinerzeit fast so etwas wie die Standardwaffe der Marineinfanterie - zu sehen. Überhaupt sind die meisten der hier vorgestellten Filme hinsichtlich Bewaffnung und Ausstaffierung stark auf Originaltreue bedacht.





Ganz ähnlich angelegt ist die (ebenfalls vierteilige) Serie Na Bezymyannoj Vysote (dt.: Auf einem namenlosen Hügel; vgl. hier, hier, hier und hier). Eine sowjetische Scharfschützin soll die Vorbereitung der sowjetischen Sommeroffensive 1944 (Operation Bagration) in einem weißrussischen Waldgebiet unterstützen, indem sie einen deutschen "Kollegen", der Unruhe in die Einheiten der Roten Armee bringt, bekämpft. Dabei ergeben sich allerlei Verwicklungen und Abenteuer ...
Der Film setzt den zahlreichen weiblichen Scharfschützen, die während des 2. WK für ihre Heimat kämpften, ein kleines Denkmal. Entsprechend gut sind neben dem Mosin-Nagant-Gewehr mit Zielfernrohr PU auch die anderen Standardwaffen des 2. WK abgebildet.
Und auch hier kann man sehen, daß im heutigen Rußland viel kritischer mit der eigenen Geschichte umgegangen wird, als viele ausländische Beobachter meinen: die in einer Zeitung abgedruckte Rede Stalins wird zu Zigaretten verarbeitet, der Abwehroffizier der Einheit, welcher Soldaten wegen kleinster Vergehen ins Strafbataillon schickt, begeht Selbstmord, als er von seinen Kollegen zum Verhör abgeholt werden soll usw.
Na Bezymyannoj Vysote ist ferner ein Beispiel für das tragische Ende, welches viele sowjetische und auch manche der neueren russischen Filme haben. Obwohl hier die Heldin den Kampf unbeschadet übersteht, so wird doch das Regiment, dem sie zugeteilt war, fast komplett aufgerieben. Ein deutlicher Unterschied zu dem einfachen Strickmuster anderer Filme, wo wie selbstverständlich die "Guten" überleben und die "Bösen" sterben.





Richtig politisch ist die Reihe Diversant 2 - Konets Vojny (dt.: Saboteur 2 - Das Kriegsende; vgl. hier, hier, hier und hier). Sowjetische Soldaten, die aus der deutschen Kriegsgefangenschaft entkommen sind, schlagen sich zu ihren eigenen Leuten durch. Dabei wird nie so recht klar, wem ihre Loyalität gehört, schließlich wird gleichzeitig von der Gestapo eine Sabotagegruppe aufgestellt. Die Helden kämpfen jedenfalls in sowjetischer Uniform weiter und gelangen schließlich im Mai 1945 nach Berlin.
Hier werden im Film auch die schrecklichen Aspekte jener Tage gezeigt: vergewaltigte Frauen, geplünderte Wohnungen etc. Die filmische Aufarbeitung dessen, die in Deutschland erst 2008 mit Anonyma möglich war, wurde in Rußland schon über ein Jahr früher vorgenommen.
Aber der Film geht weiter: einer der Helden landet im Gulag und wird dort von sadistischen NKWD-Aufsehern gefoltert, ein anderer versucht sich am Aufbau eines kleinbürgerlichen Lebens, aber alle werden gegen Ende der 1940er Jahre wieder mit einem Geheimauftrag reaktiviert, der der Aushebung einer Schmugglerbande dient. Am Ende jedenfalls befinden sich alle auf einem Schiff im Schwarzen Meer mit Kurs auf Westeuropa ...
Fazit: Ein unheimlich spannender Film, den man nur empfehlen kann.
(Unten zwei Zusammenschnitte; verschiedene Episoden sind auch bei diesem Film im Internet verfügbar, siehe hier und hier.)






Pered Rassvetom (dt.: Vor dem Sonnenaufgang; vgl. hier, hier und hier) ist bereits 1989 entstanden und erzählt ebenfalls heikle Geschichte: Ein Zug, in dem Häftlinge transportiert werden, gerät im Sommer 1941 in einen deutschen Luftangriff und wird teilweise zerstört. Dann landen auch noch deutsche Fallschirmjäger und nehmen die Überreste unter Beschuß. Die einzigen, die überlebt haben, sind ein NKWD-Offizier und zwei (nunmehr bewaffnete) Gefangene, wobei letztere nicht recht wissen, wie sie sich verhalten und auf wen sie schießen sollen. Diese Unklarheit dauert fast den ganzen Film über an, während die drei versuchen, wieder zu den eigenen Linien zu gelangen.





Etwas einfacher ist Glavnyj Kalibr (dt.: Das Hauptkaliber; vgl. hier und hier) gestrickt. Eine Mischung aus Action- und Science Fiction-Film, in dem sich sowjetische Aufklärer um die Unschädlichmachung deutscher "Supermänner" bemühen, die von einer Art Dr. Frankenstein in einem Geheimlabor der SS gezüchtet werden. Nette Unterhaltung, schöne Musik und gute Nahkampfszenen - Zaubertrank, pardon, Zauberpillen inklusive.
(Unten ein Trailer mit der Filmmusik.)







Abschließend sollen noch drei Filme erwähnt werden, in denen die Abenteuer sowjetischer Aufklärer hinter den deutschen Linien geschildert werden. Es sind spannende, bisweilen auch lustige Actionfilme, die ganz nett anzusehen sind: Vsryv na Rassvete (dt.: Explosion in der Morgendämmerung; vgl. hier und hier), Pod Livnem Pul (dt.: Im Kugelhagel; 4 Teile; vgl. hier und hier) und Rodina ili Smert (dt.: Heimat oder Tod; vgl. hier und hier).





Verwandte Beiträge:
Filme: Erster Weltkrieg und russischer Bürgerkrieg
Sowjetische Manöverfilme

Donnerstag, 20. November 2008

Dienstag, 18. November 2008

Militärreform in Rußland


Im Kontext der Diskussionen über die Modernisierung der russischen Polizeiwaffen ist vielleicht auch dieser (nicht mehr ganz junge) Artikel der New York Times von Interesse, der den aktuellen Stand bezüglich der Militärreform in Rußland und die damit verbundenen Probleme ganz gut zusammenfaßt:
"[...]

The Russian military fell to third world standards from neglect and budget cuts in the turbulent years when Boris N. Yeltsin was president, they say. The new Kremlin leadership is working to create a force that can actually defend the nation’s interests.
The military has embarked on a program to buy modern weapons, improve training and health care for troops, trim a bloated officer corps and create the first professional class of sergeant-level, small-unit leaders since World War II.

[...]

Even a high-profile speech three weeks ago by President Dmitri A. Medvedev, ordering a military modernization program and the largest increases in defense spending since the death of the old Soviet Union, was viewed here as short on substance and designed more for a domestic political agenda.
Mr. Medvedev declared that by 2020, Russia would construct new types of warships and an unspecified air and space defense system. Military spending, he said, will leap by 26 percent next year, bringing it to 1.3 trillion rubles (about $50 billion), its highest level since the collapse of the Soviet Union — but still a small fraction of American military spending.
Mr. Medvedev pledged that Russia would shore up its nuclear deterrence and upgrade its conventional forces to a state of “permanent combat-readiness.”

American experts were unimpressed. “Russia is prone to make fairly grandiose announcements about its military,” said a Defense Department official who discussed government analyses on condition of anonymity. “These programs have long been in the works. They are not new plans. They are not new programs.”

[...]

Some of the steps undertaken to wrench the Russian military out of mediocrity resemble changes in the American military over several decades.
Russia plans for its ground forces to move to a system designed for the deployment of brigades, rather than bulkier division or corps headquarters — nearly copying the United States Army’s approach.
The Russian military also plans to offer pay and housing incentives to attract noncommissioned officers — the valuable class of sergeants — to make a long-term career of military service.

While not as drastic as the move by the post-Vietnam American military to switch from the draft to an all-volunteer force, the plan would shift Russia further from reliance on one-year conscripts, who are not in uniform long enough to master even basic skills.
Just last week, the Russian military leadership announced it would further reduce the number of people in uniform, to about 1 million from the current 1.1 million, far below the 4 million-strong military at the end of the cold war.

Most significant, according to American government officials, is a four-year plan to reduce to 150,000 a Russian officer corps that now numbers 400,000, a shrinking that is certain to produce significant opposition within the senior ranks.
The Russian General Staff will be trimmed, and the number of generals is planned to fall to 900 from the current 1,100. But in an acknowledgment that the general officer corps can slow the pace of change throughout the military, most of those reductions will occur through retirement.

The Kremlin knows that its military bureaucracy is riddled with corruption, Pentagon officials say.
Experts here say that audits ordered after Vladimir V. Putin took over from Mr. Yeltsin in 2000 found that 40 percent of the budget for some weapons programs and salaries was lost to theft and waste.
The new defense minister, Anatoly E. Serdyukov, was a surprise choice, given that he had no military background but was an expert in finance and taxes. As he moved to clean house across the military-industrial complex, the reason for his selection became clear.

[...]"

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Samstag, 15. November 2008

15.11.2008: Video des Tages

Heute mute ich meinen Lesern einen Dokumentarfilm in russischer Sprache zu, der unter dem Titel "Von der Kalaschnikow zum Abakan" die Entwicklung sowjetischer und russischer Selbstladewaffen vom ersten Weltkrieg bis heute Revue passieren läßt.

Freitag, 14. November 2008

Das Eisenbahnmuseum in St. Petersburg


Das Museum für Eisenbahntechnik gehört der Bahngesellschaft RZD und ist eines von zwei Eisenbahnmuseen in St. Petersburg, desweiteren gibt es noch ein Metromuseum. Es befindet sich auf einem großen Freigelände direkt hinter dem stillgelegten Warschauer Bahnhof südlich der Innenstadt, in unmittelbarer Nähe des Baltischen Bahnhofs.



Gezeigt werden Lokomotiven und Waggons aus der Zeit des Zarenreiches bis zum Ende des 20. Jahrhunderts. Besondere Schmankerl sind die ausgemusterten Militärfahrzeuge, die dort besichtigt werden können. Dazu zählen nicht nur Panzerzüge und Eisenbahngeschütze, sondern auch eines der wichtigsten und geheimsten Projekte des sowjetischen Militärs: eisenbahngestützte Interkontinentalraketen. Letztere wurden in den 1980er Jahren gebaut, um einen kleinen Teil des strategischen Arsenals mobil und so für die USA schwer aufklärbar zu machen - und sie damit den damals zu erwartenden Raketenschlägen zu entziehen (vgl. dazu auch das Video unten). Die Ausmusterung dieser Komplexe war eine der ersten Zusagen Jelzins an die USA, und so kann man heute ein Exemplar aus dem Jahr 1989 besichtigen.



Für die Besichtigung des Freilichtmuseums sollte man, je nach persönlichem Interesse, ein bis zwei Stunden einplanen. Es ist - im Gegensatz zu anderen Museen der Stadt - oft nicht besonders gut besucht, so daß man sich bei einzelnen Exponaten viel Zeit lassen kann.



Anschrift: Nabereshnaja Obwodnogo Kanala 118
(Link bei Google Maps)
Nächste Metrostation: Baltijskaja



Weiterführende Links:
Das Eisenbahnmuseum bei Rußland Aktuell (dt.)




Donnerstag, 13. November 2008

Die Eremitage


Bei dem im ehemaligen Winterpalast der Zaren untergebrachten Eremitagemuseum dürfte es sich um das bekannteste Museum nicht nur St. Petersburgs, sondern Rußlands überhaupt handeln. Berühmt für seine, noch von den Zaren begonnenen, umfangreichen Sammlungen ausländischer Künstler (für die russischen Künstler ist das Russische Museum zuständig), steht es auf dem Programm wohl eines jeden Besuchers der Stadt an der Newa.



Neben den weltbekannten Gemälden beherbergt die Eremitage auch weniger bekannte Ausstellungen. Dazu zählt (neben dem gestern vorgestellten Gardemuseum) auch der Rüstsaal. In ihm werden alte Blank- und Schußwaffen sowie Rüstungen angemessen präsentiert. (Die Bilder vermitteln davon hoffentlich einen kleinen Eindruck.) Es lohnt sich, hier etwas genauer hinzusehen und dafür ggf. auch auf ein paar Gemälde zu verzichten. ;-)



Und wenn man schon einmal in der Eremitage ist, sollte man sich auch den Saal von 1812 nicht entgehen lassen, in dem alle russischen Generäle der Befreiungskriege mit Gemälden verewigt sind (siehe auch das letzte Bild).



Adresse: Dworzowaja Ploschtschad 2
(Link bei Google Maps)
Nächste Metrostation: Newski Prospekt / Gostinyj Dwor



Weiterführende Links:
Offizielle Webseite (russ./eng.)
Die Eremitage bei Rußland Aktuell (dt.)
Wikipedia (dt.)
Der Rüstsaal (eng.)
Die 1812er Galerie (russ.)